Über dieses Ereignis werden Fotos und Videoaufnahmen gemacht, die auf unserer Website ins Netz gestellt und in archivierter Form jahrelang zu erreichen sein werden.
Ort: VERITAS Institut und Archiv für Geschichtsforschung, Budapest, Zsil-Str. 2–4
Zeitpunkt: Dienstag, 1. Oktober 2019, 18.00 Uhr
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Erzherzog Joseph August von Habsburg-Lothringen – mit einstigem und präziserem Begriff: königlicher Herzog – war Mitglied der sog. ungarischen Linie der Dynastie Habsburg-Lothringen. Sein Großvater, Palatin Joseph, war eine der bedeutendsten Persönlichkeiten des Reformzeitalters, und der letzte Palatin Stephan war ein Onkel von Joseph August. Der 1872 geborene Erzherzog erzielte bereits 1914 den Dienstgrad eines Feldmarschallleutnants, und im Laufe seiner militärischen Laufbahn zur Zeit der belle époque konnte er sich mit dem Militärpotential der Monarchie vertraut machen
Joseph August diente während des Weltkrieges auf allen vier Hauptkriegsschauplätzen der Monarchie – allein Feldmarschall Hermann Kövess konnte unter den höchsten Militärführern des dualistischen Staates das Gleiche aufweisen. Nach den blutigsten Kämpfen in Serbien und in den Karpaten versah der Erzherzog die Verteidigung Doberdos an der Spitze des Armeekorps Nr. VII. (Temeschwar). Hier lernte er den ungarischen Soldaten so richtig kennen – seine Soldaten nannten ihn nicht zufällig Vater Joseph. Mit der Thronbesteigung Karls IV. geriet Joseph August in den Mittelpunkt des ungarischen politischen Lebens. Den Posten des Ministerpräsidenten nahm er nicht an, setzte sich jedoch für die Erweiterung des Wahlrechtes ein. Karl IV. stützte sich in ungarischen Angelegenheiten stets auf ihn, auch schon deshalb ernannte er ihn im Oktober 1918 zum königlichen Statthalter.
Die Aktualität des Abends liefern die Ereignisse des darauffolgenden Jahres. Obwohl der Erzherzog seinen Eid auf die I. Ungarische Volksrepublik ablegte, war er durch das Ausbleiben der Landesverteidigung bald enttäuscht. Die Räterepublik internierte ihn in seinem Gut in Alcsut, wo er im "sozialisierten" Schloss nunmehr als Holzfäller tätig war. Nach dem Zerfall der Kommune regierte er das Land, genauer gesagt dessen verstümmelte Reste, im August 1919 etwa zwei Wochen lang als Regent. Die Entente zwang ihn zum Rücktritt, so dass seine politische Karriere demnach nie mehr die Rolle erreichte, die er zwischen 1917 und 1919 gespielt hatte. Das wichtigste Ziel des Abends ist es, das bewegteste Jahrzehnt des 90 Jahre langen Lebenslaufs des Erzherzogs, die Periode zwischen 1914 und 1924, darzulegen und dadurch das Porträt dieses ungenügend bekannten Staatsmannes aufzuzeigen, wobei auch auf die beiden Rückkehrversuche von Karl IV. im Jahre 1921 eingegangen wird.